Lass mich mitentscheiden

Elias, 4 Jahre alt, und seine Mutter sind gerade am Sprung, um in den Park zu gehen. Die Mutter packt ein paar Dinge in ihre Tasche und möchte nun los. „Zieh deine Schuhe an, wir gehen!“ ruft die Mutter. Doch Elias möchte nicht, er bieg links in sein Zimmer ab und verschränkt seine Ärmchen. „Will nicht.“ Sagt er. „Komm schon, du wolltest doch gerade noch raus, mach schon, unsere Freunde warten ja schon.“ Reagiert die Mutter darauf, „hier hast du deine Sandalen.“ Elias schüttelt den Kopf. „Warte, ich helfe dir. Komm setz dich hin, ich ziehe dir deine Schuhe an.“ Bietet die Mutter an. Doch das mag Elias erst recht nicht und flitzt ins Wohnzimmer. Die Mutter geht ihm genervt nach. „Elias, los jetzt!“ sagt sie und kniet sich neben ihn hin und will ihm die Schule anziehen. Elias wehrt sich und strampelt den Schuh ab. „Nein!“ ruft er.

Dass Elias in der Autonomiephase ist, ist recht schnell spürbar. Sein Wille bildet sich aus und er möchte möglichst viel alleine machen. Doch dies ist ein anderes Thema …

Ich möchte hier etwas zu einer Art Methode sage, die eigentlich weniger Methode ist, als eher eine Haltung.

Keiner empfängt gerne Befehl und meist führen sie zu Widerstand oder einem Machtkampf. Viele Eltern aus unserer Generation kennen autoritäres Erziehen von den eignen Eltern und haben diese Art übernommen. Doch gut fühlt sich das nicht wirklich an.

Wenn wir Erwachsene unseren Kindern eine Wahlmöglichkeit anbieten, entsteht ein Raum für sie, in dem sie mitentscheiden können, was wiederrum dazu führt, dass sie diese Entscheidung besser mittragen können.

Unsere Aufgabe ist es, einen Rahmen vorzugeben, in dem das Kind eine Entscheidung treffen kann.

Was meine ich damit?

Je nach Alter ist es wichtig, dass wir nicht 50 Möglichkeiten anbieten, sondern 2: A oder B. Sonst ist das Kind überfordert und geht auch in den Widerstand.

„Möchtest du diesen Pullover anziehen oder diese Weste?“

„Möchtest du Wasser zum Frühstück oder einen Kakao?“

Bitte achte auch darauf, dass dein Kind nicht zu müde ist, denn dann ist eine Wahl oft überfordernd und dann übernimmst bitte du die Entscheidung.

Auch wenn ihr schon mitten in einem Machtkampf seid, kann die Wahlmöglichkeit eher kontra produktiv sein, da dein Kind generell im Widerstand ist und dann wird es wahrscheinlich alles ablehnen, was du anbietest.

Gerade in der Autonomiephase kann das Anbieten einer Wahlmöglichkeit eine große Erleichterung für alle Beteiligten bringen, denn dadurch fühlt sich das Kind gesehen, ernstgenommen und mit eingebunden. So ist ein Kooperieren möglich, denn es wird nicht ÜBER das Kind hinwegbestimmt, sondern es wird in die Geschehnisse mit eingebunden.

Doch auch bei älteren Kindern ist dies eine gute Möglichkeit, um „weitergehen“ zu können.

Die Mutter sagt zu ihrem 9 jährigen Sohn: „Julian, nimmst du die Tasche mit runter zum Auto oder den Koffer?“

Wie oben schon erwähnt, ist dies keine Methode an sich, sondern eine innere Haltung dem Kind gegenüber. Wir dürfen ein Stück weit die Kontrolle loslassen und uns hin zu einer gleichwürdigen Beziehung bewegen. Kinder sind Menschen, genauso wie Erwachsene, nur eben kleiner. Sie müssen nicht auf Knopfdruck funktionieren und dürfen in die Abläufe des Alltags miteinbezogen werden.

Das heißt NICHT, dass Kinder die Führung übernehmen, es bedeutet lediglich, dass Kinder lernen dürfen, dass sie genauso wertvoll sind, wie alle anderen in der Familie auch. Im sicheren Rahmen dürfen sie spüren, dass sie Einfluss haben und mitreden dürfen. Die Führung haben natürlich die Erwachsene: liebevoll steuern sie das Schiff und lassen das Kind immer wieder mal mitsteuern, damit sie jeden Tag mehr lernen, wie so ein riesiges Schiff denn eigentlich zu lenken ist – was Verantwortung bedeutet und wie es sich anfühlt, gleichwürdig gesehen zu werden.

Die Mutter spürt, dass Elias im Moment nicht kooperieren möchte. Vielleicht war sein Tag im Kindergarten anstrengend, wo er viel gehorchen und funktionieren musste.

Sie spürt dies und lässt ihren inneren Druck los, sofort die Wohnung verlassen zu müssen. Dies ermöglicht ihr, in der jetzigen Situation anzukommen und Elias wieder wahrzunehmen.

Sie kniet sich mit einem kleinen Abstand zu ihm und fragt ihn: „Elias, möchtest du den Weg mit dem Laufrad oder mit deinem neuen Roller fahren?“.

Elias Augen strahlen: „Ich will meinen Roller, der ist so schnell!“. Er schnappt sich seine Schuhe, zieht sie an und läuft zu seinem Roller.

TUT MIR LEID

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